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Museum: Capodimonte

Museum Capodimonte

Das Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte im Norden Neapels

Museum Capodimonte

Das Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte wurde im Jahre 1738 im Auftrag von Karl III. von Bourbon, König über Neapel-Sizilien, auf den waldreichen Hügeln des Capodimonte vor den Toren Neapels errichtet. Ursprünglich als Jagdschloss konzipiert, wurde der Reggia schon kurz nach Baubeginn eine neue Funktion zugewiesen: Als Palast-Museum sollte es zum einen die königliche Familie und ihre Entourage beherbergen und zum anderen die kostbaren Sammlungsstücke, die Karl III. von seiner Mutter Elisabetta Farnese erbte, im angemessenen Rahmen Ausstellung finden.

Portrait von Papst Paul III.

Portrait von Papst Paul III. - Begründer der farnesischen Sammlung

Das Erbe der farnesischen Sammlung, eine der umfangreichsten Gemälde- und Antikensammlung Italiens, sollte Neapel im neuen Glanz erstrahlen lassen und der Legitimation und Repräsentation der neuen Bourbonenherrschaft dienlich sein. Die Sammlung der Farnese geht zurück bis zu Papst Paul III., der im Jahre 1534 den Papstthron bestieg. Als Emporkömmling und Übergangspapst verschrien, versuchte Paul III. seine niedere Adelsherkunft durch das Sammeln von Kunstwerken zu verschleiern. Ein Großteil der heutigen farnesischen Antikensammlung geht auf ihn zurück; so veranlasste er unzählige Grabungen in Rom, die seiner Sammlung u.a. den Toro Farnese, den Herkules Farnese und die Flora Farnese bescherte (heute im archäologischen Nationalmuseum von Neapel zu sehen). Gemeinsam mit seinem Enkel Kardinal Alessandro Farnese vergab er zudem Auftragsarbeiten u.a. an Tizian, Vasari und El Greco, um auch die farnesische Gemäldesammlung zu erweitern. Noch heute zeugt der sog. Tizian-Saal im piano nobile des Capodimonte von dieser einzigartigen Sammeltätigkeit. (Weitere Informationen zum Tizian-Raum finden Sie auf der folgenden Seite.)

Pieter Brueghel - Der Blindensturz

Pieter Brueghel - Der Blindensturz, 1568

Neben der Sammlungstätigkeit in Rom baute die Farnese-Familie auch in ihrem Herzogtum Parma und Piacenza ab Mitte des 16. Jahrhunderts eine Kunstsammlung auf. Eine beachtliche Anzahl von Kunstschätzen beschlagnahmten die Farnese von parmaischen Feudalherren, die sich gegen die farnesische Herrschaft erfolglos aufzulehnen versuchten. Durch diese Konfiszierung erweiterte sich die Sammlung insbesondere im Bereich der einheimischen parmaischen Malerei sowie der flämischen Kunst, darunter auch Bruegels Gemälde Misanthrop und Blindensturz, die noch heute den Kern der Farnese-Sammlung im Capodimonte ausmachen.

Die Kunstsammlungen der römischen und parmaischen Farnese-Dynastie dienten vorranging Repräsentationszwecken: Im römischen wie auch im parmaischen Familienpalast (Palazzo Farnese und Palazzo del Giardino) wurden die Kunstschätze an den Orten ausgestellt, die von Besuchern fast zwangsläufig aufgesucht werden mussten. Die repräsentativsten, wertvollsten Kunstwerke wurden in der Eingangshalle, dem Hof und in den Sälen ausgestellt, während die weniger wertvollen Werke in Wohnräumen, Arbeitszimmern und Ankleideräume platziert wurden.

Den gleichen repräsentativen Zweck sollte die farnesische Sammlung auch in Neapel unter König Karl III. von Bourbon erfüllen. Da der bisherige Königspalast in Neapel, der Palazzo Reale, nicht genügend Platz für die umfangreiche Kunstsammlung bot, wurde das ursprüngliche Konzept Karls zum Bau eines Jagdschlosses in Capodimonte von der Idee eines Museums-Palastes ersetzt. Im Jahre 1738, nur vier Jahre nach Karls Thronbesteigung, begannen die Bauarbeiten zum neuen Palast unter den Architekten Giovanni Antonio Medrano und Antonio Canevari.

Entwurf Grundriss Erdgeschoss Capodimonte

Der Entwurf Medranos - Grundriss Ergeschoss Capodimonte

Entwurf Grundriss Obergeschoss Capodimonte

Das Obergeschoss des Capodimonte nach Medrano

Die Baupläne Medranos stimmen mit der heutigen Form des Palastes fast vollständig überein. Eine Ausnahme bildet hier der zentrale Treppenaufgang, der später durch einen dritten Hof ersetzt wurde. Der Bau ist durch die zwei Innenhöfe und dem zentralen C-förmigen Treppenaufgang in drei Teile gegliedert und beschreibt in seiner äußeren Form ein Rechteck. Die äußeren Querflügel ragen über die Breite des Mittelbaus hinaus. Das Erdgeschoss ist gekennzeichnet durch viele kleine rechteckige Räume, die schon im ursprünglichen Konzept Karls als Ausstellungsräume dienen sollten. Der Grundriss des piano nobile zeigt vier große Appartements, die symmetrisch in 10-Zimmer Suiten gegliedert sind: Ausgehend von den zwei großen Salons erhält man Zutritt zu der jeweiligen Enfilade mit einem dazugehörigem Wachraum, drei Antichambres und einem Schlafgemach mit vier kleinen Ankleidezimmern. Dieser rasterförmige Grundriss ist angelehnt an den spanischen Palastbau wie z.B. dem Palacio Real El Pardo, der Sommerresidenz des spanischen Königshauses. Beide Grundrisse bilden ein Rechteck, das durch zwei Innenhöfe gegliedert wird, wobei die vier Eckpunkte des Gebäudes durch die verlängerten Querflügel hervorgehoben werden.

Entwurf Außenfassade

Entwurf der Außenfassade nach Medrano

Außenfassade Capodimonte

Holzschnitt der Außenfassade des Capodimonte aus dem 19. Jh.

Die Außenfassade ist nüchtern, in geometrischer Klarheit gegliedert. Die Dreiteilung des Gebäudes wird in der Fassadenansicht wiederholt, indem das Erdgeschoss mit drei Rundbogen-Portiken ausgestaltet wird. Dem zentralen Portikus werden zudem zwei kleinere Torbögen zur Seite gestellt, die gemeinsam mit dem zentralen Überbau des Gebäudes einen klaren Mittelpunkt definieren. Das Sockelgeschoss gliedert sich neben den Portiken über breite Pilaster, denen ein schmales Band von rechteckig gegliederten Steinen hinterlegt ist, die an die grobe Struktur von Bossenmauerwerk erinnert, welche bei Palazzobauten in der Renaissance Anwendung fanden und Ähnlichkeit mit dem Palazzo Farnese in Rom aufweist. Das piano nobile ist durch Bündelpilaster gekennzeichnet, die Fenster werden zudem durch Dreiecksgiebel verziert, wobei die zentralen Fenster über den Portiken durch Wappenschilder bekrönt werden. Ursprünglich als zweigeschossiger Bau von Medrano konzipiert, wurde dem Capodimonte noch ein weiteres Stockwerk hinzugefügt. Auch in der Umsetzung der Außenfassade fallen weitere Veränderungen des ursprünglichen Konzepts auf: zwischen Sockelgeschoss und dem piano nobile wurde eine schmale Balustrade hinzugefügt und die Dekoration an den Fenstern des ersten Obergeschosses wurde vereinfacht. Die nüchterne Strenge in der Ausgestaltung des Capodimonte spiegelt sich auch in der Rahmung des Gebäudes mit dunkelgrauem Pipernostein, der durch den rötlichen Putz kontrastiert wird.

Durch den Bau der Reggia di Capodimonte hatte nun auch Neapel ein kulturelles Zentrum, ein prestigeträchtiges Museum, das eingerichtet war, um von Künstlern, Sammlern und Touristen besucht und studiert zu werden. Zu den prominentesten Gästen zählten u.a. Johann Wolfgang von Goethe, Johann Joachim Winckelmann, Angelika Kauffmann, Jean-Honoré Fragonard und Antonio Canova.

Einen Einblick in das heutige Museum finden Sie auf der nächsten Seite.

- Sandra Janßen

Saal 12 Capodimonte

Ausstellungsraum des Capodimonte mit Blick auf Gemälde von Parmigianino