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Museum : Ein Rundgang durch das Capodimonte

Ein Rundgang durch das Museum: erste Orientierung

Das heutige Ausstellungskonzept des Capodimonte beruht auf den umfangreichen Umbau- und Instandsetzungsmaßnahmen in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren. Im piano nobile der einstigen Reggia wird die farnesische und bourbonische Gemäldesammlung präsentiert sowie die königlichen Appartements der Bourbonen. Bei der Ausgestaltung der Räumlichkeiten wurden die Gemälde, das Mobiliar, die Teppiche und alle weiteren Einrichtungsgegenstände in den Sälen unter Berücksichtigung der chronologischen Folge der bourbonischen Herrscher neu arrangiert. In diesem Bereich findet auch die umfangreiche Porzellansammlung aus lokaler Produktion wie auch die antike farnesische und bourbonische Waffensammlung Ausstellung. Das Obergeschoss des Museums beschäftigt sich mit der neapolitanischen Geschichte vom späten 13. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und auch eine Sammlung zur Gegenwartskunst wird seit dem Umbau des Museums im Obergeschoss beherbergt.

Der Ostflügel des piano nobile: Einblick in die Gemäldegalerie

Grundriss des piano nobile

Blick in den Tizian-Raum des Capodimonte. Die grüne Stofftapete steht im farbigen Kontrast zu den leuchtend-roten Gemäldedetails und lässt die Bilder optisch hervorstechen.

Tizian - Papst Paul III. und seine Nepoten

Tizian - Papst Paul III. und seine Nepoten, 1546

Der Rundgang beginnt im sog. Tizian-Raum, einem Ausstellungssaal, der den Gründern der Sammlung, der Farnese-Dynastie, gewidmet ist.

Im Zentrum des Raumes hängt Tizians im Jahre 1546 geschaffenes Portrait Papst Paul III. und seine Nepoten, das den Papst gemeinsam mit seinen Enkeln Alessandro und Ottavio Farnese zeigt. Der Papst sitzt in einem mit roten Stoff überzogenen Stuhl und trägt einen breiten Pelzumhang und eine pelzbesetzte Kopfbedeckung, die bis ins das 19. Jahrhundert vorrangig vom Papst getragen wurde. Alessandro steht hinter dem thronenden Papst und wird über die Kleidung eines kirchlichen Würdenträgers als Kardinal identifizierbar: er trägt einen roten Talar mit weißer Mozetta sowie einem roten Birett. Seine rechte Hand ruht auf dem päpstlichen Stuhl und verweist auf Alessandros Machtanspruch. Ottavio trägt im Gegensatz zu seinem Bruder die weltliche Kleidung eines Fürsten. Seine Bewegung ist angelehnt an die traditionelle Ehrung des Papstes, die durch dreimaliges Verbeugen und einem Fußkuss gekennzeichnet ist.
Tizians Gemälde ist ein Beweis für die scharfe Beobachtungsgabe des Künstlers. Er verbildlicht das persönliche Streben Papst Paul III. nach Macht und Reichtum, der durch die geschickte politische Positionierung seiner Nachkommenschaft den Aufstieg seiner Familie ermöglichte. Alessandro, ältester männlicher Nachkomme der Farnese-Dynastie, wurde mit nur vierzehn Jahren in den Kardinalsstand erhoben und offiziell zur rechten Hand des Papstes ernannt. (Das institutionelle Amt des "Kardinalnepoten", das Alessandro bekleidete, wurde durch Paul III. erstmalig etabliert. Der Begriff des Nepotismus findet in dieser Position auch ihren Ursprung.) Ottavio erhielt die Tochter Kaiser Karls V. zur Frau und wurde zum Souverän über das neugegründete Herzogtum Parma und Piacenza erhoben.
Trotz des Erstgeborenenstatus Alessandros rückt ihn Tizian in seinem Gemälde leicht in den Hintergrund des Bildes, während sein jüngerer Bruder Ottavio im Vordergrund agiert und mit dem Papst in direkter Korrespondenz erscheint. Vermutlich wusste der Künstler um die Missgunst zwischen den beiden Farnese-Enkeln, die bei der Betrachtung des Gemäldes mitzuschwingen scheint. Ostentativ lässt Tizian Alessandro an den Stuhl des Papstes greifen, um so das Selbstverständnis des Kardinals und seinen Machtanspruch zu unterstreichen.

Andrea del Sarto nach Raffael

Andreal del Sarto nach Raffael: Papst Leo X. mit Kardinälen, 1523

Der Herrschaftsanspruch der Farnese-Dynastie, die Paul III. anstrebte, wird durch Tizians Gemälde verbildlicht. Der Künstler greift dabei auf eine junge Kunsttradition zurück, die einen Papst gemeinsam mit seinen Nepoten portraitiert. Eines dieser Vorbilder hängt ebenfalls im Tizian-Raum: Andrea del Sartos Portrait Leos X. mit seinen Kardinälen. Dieses Gemälde wurde im Jahre 1523 als Kopie des gleichnamigen Werkes von Raffael angefertigt. Zu sehen ist Papst Leo X., gebürtig Giovanni di Lorenzo de' Medici mit seinen Cousins Giulio di Giuliano de' Medici (später Papst Clemens VII.) links im Bild und Luigi de' Rossi rechts dargestellt. Wie auch Leo X. erster Papst aus dem Hause Medici war, so erhob auch Paul III. seine Familie erstmalig in den Papststand.

Die geschickte Hängung der beiden Gemälde im Capodimonte, durch die eine Beziehungs- und Sichtlinie eröffnet wird, offenbart auch das Bestreben des Farneseoberhauptes: eine starke, nachkommensreiche Dynastie zu begründen um so mit den einflussreichsten Familien Italiens, wie es die Medici waren, in Konkurrenz zu treten. Dazu war es nicht nur nötig strategisch wertvolle Allianzen einzugehen und wichtige politische Positionen zu bekleiden sondern auch die schönen Künste zu fördern und zu sammeln. Die Kunstwerke im Capodimonte veranschaulichen diese leidenschaftliche Sammeltätigkeit und Kunstkennerschaft der Farnese beginnend bei Paul III. bis hin zu Karl III. von Bourbon, der die Sammlungsteile aus Rom und Parma in Neapel vereinte und schlussendlich der Öffentlichkeit zugänglich machte.

 

Masaccios Kreuzigung Christi

Masaccio - Kreuzigung Christi, 1426

Vorbei an Masaccios Kreuzigung Christi aus dem Jahre 1426, das im Jahr 1901 in die Sammlung des Capodimonte aufgenommen wurde, betritt man Saal 4 des Museums, in dem sich vier Kohlezeichnungen (u.a. von Michelangelo und Raffael) befinden. Diese Kohlezeichnungen stammen aus dem Besitz Fulvio Orsinis, Bibliothekar und Archivar der Farnese und selbst ein leidenschaftlicher Kunstsammler. Eine dieser Kohlezeichnungen ist der Entwurf des Moses vor dem brennenden Dornbusch, den Raffael ca. 1514 für ein Gewölbesegment der Stanza di Eliodoro, der vorletzten Stanze in den Räumen des vatikanischen Palastes, anfertigte. Zu sehen ist die schwere, mächtige Körperform des Moses im Profil. Seine Augen hält er mit beiden Händen bedeckt, um sich vor dem gleißenden Licht des brennenden Dornenbusches zu schützen. Die Monumentalität und Körperlichkeit der Figur verraten Raffaels Beeinflussung durch Michelangelo, der zur gleichen Zeit etwa (1512) die Deckenausmalung der Sixtinischen Kapelle enthüllte.
Der Karton dient als wichtiges Zeugnis der Zeichentechnik, schließlich wird die Vorgehensweise des Künstlers deutlich: Die Umrisse des Moses sind perforiert, der Künstler nutzte zur Übertragung der Zeichnung auf das Gewölbe die sog. Durchstäubungstechnik. Dabei wird der perforierte Karton direkt gegen die zu freskierende Fläche gedrückt und mit Kohlestaub bestäubt, wodurch im feuchten Putz eine Markierung hinterlassen wird.

 

Raffaels Entwurf zu "Moses vor dem brennenden Dornbusch"

Raffael -Moses vor dem brennenden Dornbusch, 1514, schwarze Kreide auf Karton

Marcello Venusti - Kopie des Jüngsten Gerichts

Marcello Venusti nach Michelangelo - Das Jüngste Gericht, 1549, Öl auf Leinwand

In Saal 9 befindet sich ein weiterer Beweis für den Weitblick und die Kunstkennerschaft der Farrnese. Im Jahre 1549 erteilte Kardinal Alessandro dem Künstler Marcello Venusti den Auftrag das Jüngste Gericht Michelangelos aus der Sixtinischen Kapelle zu kopieren, bevor das Original übermalt werden würde. Papst Pius IV., Nachfolger des Farnese-Papstes Paul III., empfand die nackten Figuren Michelangelos als anstößig und skandalös und sprach in diesem Kontext sogar von Ketzerei. Im Konzil von Trient im Jahre 1564 wurde daraufhin beschlossen, die anrüchigen Szenen des Deckengemäldes zu entschärfen. Der Vatikan beauftragte den Maler und glühenden Michelangelo Verehrer Daniele da Volterra die Scham der Heiligenfiguren zu bedecken. Volterra fügte dem Jüngsten Gericht schließlich einige Tücher oder dunkle Schatten hinzu, um so die vermeintlich anstößigen Details zu verbergen. Diese Arbeit brachte ihm zeitlebens den Spottnamen Braghettone, der Hosenmaler, ein. Kardinal Alessandro wiederum sah in diesem künstlerischen Eingriff offensichtlich eine Verstümmelung des von Michelangelo geschaffenen Kunstwerkes. Indem er eine Kopie des Originalzustandes in Auftrag gab, zeigte er eine über seine Kardinalsposition hinausweisende weltliche Gesinnung.

 

Auch Raum 11 steht ganz im Zeichen der Farnese-Dynastie. Ausgestellt werden hier weitere Herzstücke der farnesischen Sammlung wie Werke von El Greco, Tizian sowie Jacopo Palma il Vecchio.

Saal 11 des Capodimonte

Tizians Danae mit Cupido

Tizian: Danae mit Cupido, 1545/46, Öl auf Leinwand

Tizians Venus von Urbino

Tizian - Venus von Urbino, 1538, Öl auf Leinwand, Florenz, Uffizien

Röntgen Danae

Röntgenaufnahme von Tizians "Danae"

Tizians Gemälde Danae und Cupido war, wie die Werke im Tizian-Raum, eine Auftragsarbeit. Kardinal Alessandro hatte auf seinen Reisen Tizians Venus von Urbino gesehen, welche 1538 wahrscheinlich für die Eheschließung Guidobaldo II. della Rovere (Herzog von Urbino) mit Giulia Verano angefertigt wurde. (Der Herzog heiratete in zweiter Ehe in die Farnese-Dynastie ein. Seine Gemahlin wurde Vittoria Farnese, Enkelin des Papstes, mit der er vier Kinder zeugte.) Der Kardinal hatte Gefallen an der Venus und verlangte nach einer eigenen Version für seine privaten Gemächer. Eine Venusdarstellung von Tizian wurde allerdings nie in der Farnesesammlung inventarisiert. Röntgenaufnahmen der Danae zeigen, dass dieses Gemälde ursprünglich als Venus konzipiert worden war. Ein zweigeteiltes Fenster sowie eine vor einer Truhe kniende Dienerin sind in der Aufnahme zu erkennen: ein unverkennbares Zitat der Venus von Urbino. Die Frage nach den Gründen für eine nachträgliche Änderung bleibt bis heute unbeantwortet. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es für einen hohen Geistlichen, wie es der Kardinal war, in den unsicheren Zeiten der Reformation nicht ratsam, ein so offen erotisches Bild aufzuhängen. Die Veränderung der dargestellten Szenerie unter dem Vorwand eines mythologischen Bezugs mildert die offensive Nacktheit womöglich ab, eröffnet jedoch durch die Symbolik des Goldregens eine neue Interpretationsebene, die nicht weniger sensibel ist.

Danae, Tochter des Königs von Argos, verbrachte ihr Leben in ein Verlies gesperrt. Ihr Vater reagierte damit auf die Weissagung des Orakels von Delphi, das ihn vor männlichen Enkeln warnte, die ihn töten würden. So musste Danae in einer Zelle ausharren bis der Göttervater Zeus auf sie aufmerksam wurde und in Form von goldenem Regen auf sie niederging. Aus dieser Verbindung entstammt Perseus, einer der größten Heroen der griechischen Mythologie.

Röntgen Tizian

Tizian - Bildnis einer Dame, 1545, Öl auf Leinwand und die Röntgenaufnahme

Vor diesem Hintergrund erscheint Tizians Darstellung des Goldregens in Form von Geldmünzen als ein Verweis auf die käufliche Liebe. Vergleicht man zudem noch die Gesichtszüge der Danae mit dem Gesicht der jungen Frau in Tizians Bildnis einer Dame, das direkt neben dem Gemälde hängt, wird diese Annahme bestärkt. Jenes Gemälde zeigt Kardinal Alessandros Kurtisane, züchtig in einem blassrosa Brokatkleid, um ihre Herkunft aus dem Volk zu kaschieren. Wie auch bei der Danae wurde das Bildnis der Dame nachträglich von Tizian verändert. Eine Röntgenaufnahme zeigt die Dame mit einem breitem, pausbäckigen Gesicht, großer Nase und fleischigen Lippen. Der Kardinal konnte diese starke Ähnlichkeit mit seiner Kurtisane nicht akzeptieren, zu hoch war das Risiko, dass sie wiedererkannt werden würde. Seine Stellung als kirchlicher Würdenträger musste gewahrt bleiben. Tizian verschmälerte sodann ihr Gesicht, ihre Nase und Lippen, so dass die junge Frau ein aristokratisches Aussehen erhielt.

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Pieter Brueghel - Der Blindensturz

Pieter Bruegel d.Ä.: Der Blindensturz, 1568, Tempera auf Leinwand

Raum 17 beherbergt Kunstwerke flämischer Maler, die Ranuccio I., Herzog von Parma und Piacenza, von parmaischen Feudalherren im Jahre 1611 beschlagnahmte. Jene versuchten sich erfolglos gegen die farnesische Fremdherrschaft aufzulehnen und bezahlten ihren Aufstand mit ihren Kunstschätzen, die in die farnesische Sammlung im Palazzo del Giardino übersiedeln mussten. Aus dem Arsenal des Giovan Battista Masi konfiszierte der farnesische Herzog Pieter Bruegels Blindensturz aus dem Jahr 1568. Das Gemälde ist eines von nur zwei Werken Bruegels, das er nicht auf Holz gemalt hat. Er nutzte das Medium der Tüchleinmalerei, bei der Leim als Bindemittel genutzt wird. Der Blindensturz nimmt Bezug auf das biblische Gleichnis aus dem Matthäus- und Lukas-Evangelium, in dem Jesus die Pharisäer als "blinde Blindenführer" bezeichnet:

"Lasst sie, es sind blinde Blindenführer. Und wenn ein Blinder einen Blinden führt, werden beide in eine Grube fallen." (Mt 15,14)

Dargestellt ist eine Gruppe von sechs blinden Männern, die von links nach rechts den Bildvordergrund durchschreiten. Um sich nicht zu verlieren, haben sie ihre Hände entweder auf der Schulter des Vordermannes oder sie halten sich, wie im Fall der zentralen Figur, am Blindenstock des Vordermannes fest. Durch diese Verbindung wirken die Figuren wie die Glieder einer Kette. Die Männer sind auf dem Rückweg von der Kirche, die im Bildhintergrund erkennbar ist. Dort haben sie wahrscheinlich musiziert und gebettelt. Während der Mann ganz rechts im Bild schon rücklings im Graben liegt und sich der Blinde links daneben gerade im Moment des Fallens befindet, ist es noch unklar, ob der dritte Mann ebenfalls stürzen wird oder sich noch halten kann. Die Ungewissheit über die folgenden Geschehnisse verarbeitet Bruegel bildnerisch durch eine Leerstelle im Bild, die sich zwischen den zweiten und dritten Protagonisten eröffnet. Auf dieser Höhe befindet sich auch die Kirche im Hintergrund, die somit genau auf die Entscheidungsachse der Komposition und in den Vordergrund der Darstellung gerückt wird.

Da sich Bruegels Blindensturz in einem konservatorisch schlechten Zustand befindet, sind einige Figuren kaum noch bis gar nicht zu erkennen. Durch eine Kopie des Bildes, die heute im Louvre hängt, können die fehlenden Figuren rekonstruiert werden: auf der Wiese vor der Kirche ist ein Hirte mit mehreren Kühen und Gänsen abgebildet. Eine Kuh hat sich unbemerkt an den Bach geschlichen, um zu trinken und ist im Begriff, wie sein menschliches Pendant im Vordergrund, hineinzufallen.

Der Westflügel des piano nobile: Die königlichen Gemächer

Grundriss des piano nobile

Schlafgemach

Schlafgemach Franz I. und Maria Isabella von Bourbon

Die Appartementi Reale des Capodimonte befinden sich im Westflügel des Hauses. Eine Ausnahme bildet das Schlafgemach Franz I. und seiner Frau Maria Isabella das im Jahre 1830 nach den Entwürfen Antonio Niccolinis im Ostflügel des Gebäudes eingerichtet wurde. Die blau-gelbe Wanddekoration im pompejanischen Stil greift auf populäre Bildthemen zurück, die in Pompeji und Herkulaneum gefunden wurden.

Die Räume 32 und 33 sind König Karl III. von Bourbon sowie seinem Sohn Ferdinand IV. von Bourbon gewidmet. Die ausgestellten Gemälde von Künstlern wie Giovanni Paolo Pannini, Antonio SebastianiAnton Raphael Mengs, Claude Joseph Vernet und Antonio Joli zeigen verschiedene Szenen aus dem Leben der Könige.

Der Speise- und Bankettsaal des Capodimonte

Familienportrait Ferdinands IV.

Angelika Kauffmann - Portrait Ferdinands IV. mit seiner Familie, 1782

Der Speise- und Bankettsaal in Raum 37 diente der königlichen Familie bei Feierlichkeiten für Empfänge und Bankette. Die Wandtische, die von Sphingen getragen werden, der zentrale Tisch mit dem vergoldeten Bronzeservice sowie die ihn umgebenen zwölf Stühle gehören zur Originalausstattung des Zimmers und wurden im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts angefertigt. Die Wände werden von zwei Familienportraits der Bourbonen geschmückt: an der Nordwand hängt ein Portrait der Familie Königs Franz I. von Giuseppe Cammarano, an der Südwand das Familienportrait Ferdinands IV. von Angelika Kauffmann.

Das Gemälde zeigt die Familie Ferdinands IV. in den monumentalen Ausmaßen von über 4 m, wodurch die Figuren in Lebensgröße portraitiert werden. Ferdinand, seine Frau, die Habsburgerin Maria Karolina und ihre sechs Kinder werden vor einer idyllischen Gartenlandschaft dargestellt. Im Gegensatz zu hochzeremoniellen Herrscherportraits erscheint die königliche Familie in Kauffmanns Darstellung in einer privaten, liebevollen Kulisse.

Der folgende Raum ist der Salone delle Feste, der Festsaal. Dieser Raum ist einer der wenigen repräsentativen Räume im Hauptgeschoss, die über die verschiedenen Bauperioden hinweg in seiner Funktion intakt geblieben ist. Erbaut im Jahre 1765 sollte die Räumlichkeit ursprünglich die farnesische Sammlung beherbergen, ein Konzept das letztlich verworfen wurde. Als Festsaal wurde der Raum erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts genutzt, um Empfänge und offizielle Hofzeremonien abzuhalten. In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts kam es unter König Ferdinand II. zu Umbaumaßnahmen, die von Salvatore Giusti, einem Schüler von Jakob Philipp Hackert, auf Grundlage von Zeichnungen Antonio Niccolinis ausgeführt wurden. Ähnlich wie schon beim Schlafgemach Franz I. ist die Dekoration des Raumes von einem neoklassizistischen Stil geprägt, der Elemente der pompejanischen Malerei aufgreift. Der Fußboden besteht aus sizilianischem Marmor mit Intarsien aus weißem Marmor, die wahrscheinlich von Niccolini selbst entworfen wurden.

Salone delle Feste

Der Festsaal des Capodimonte

Detail im Salottino di porcellana Detail Salottino di porcellana Detail Salottino di porcellana

Höhepunkt und Abschluss des Rundgangs durch die Reggia di Capodimonte bildet das sog. Salottino di Porcellana in Raum 52 des Westflügels.

Das Salottino wurde ursprünglich für die Privatgemächer der Königin Maria Karolina im Palast von Portici eingerichtet und wurde erst im späten 19. Jahrhundert in das Capodimonte überführt. Die Arbeiten wurden unter der Leitung des florentinischen Bildhauer Giuseppe Gricci zwischen 1757 und 1759 ausgeführt. 3000 Porzellanplatten verkleiden den Salon, die nach dem Konzept einer Wandvertäfelung angebracht sind. Über dem Wandsockel befinden sich reich verzierte Wandpaneele, die durch eingesetzte Spiegel unterbrochen werden. Die Porzellanarbeiten rund um die Spiegel sind aufwändig mit verschiedenen Motiven dekoriert. Den Abschluss der Wandvertäfelung bildet ein gewundenes, florales Relieffries, das einen Übergang zum Deckenschmuck bildet. Die eingefügten Porzellanplatten sind von der Rückseite einzeln nummeriert und wurden mit der dahinterliegenden Holzwand fest verschraubt, wodurch die Neuinstallation des Salons im Capodimonte im späten 19. Jahrhundert vereinfacht wurde. Die farbenfrohen Motive zeigen Genreszenen im Stile der Chinoiserie, einem Kunststil, der im 18. Jahrhundert populär wurde. Durch den regen Handel zwischen Westeuropa und China waren chinesisches Porzellan, Seide sowie Möbel und andere Einrichtungsgegenstände an den europäischen Hof gelangt. Die Begeisterung für diese Produkte wurde durch Reiseberichte der Händler und Künstler noch weiter befeuert, wodurch der Chinoise-Stil auch in der Architektur Einzug hielt (wie die Pagode in Kew Gardens, London oder das chinesische Teehaus im Park Sanssouci, Potsdam).

Das Salottino di Porcellana steht in der Tradition der Porzellankabinette, wie das Kabinett August des Starken im Turmzimmer des Residenzschlosses, in dem der Fürst Porzellan aus der Meißner Manufaktur ausstellte. Daraus entwickelte sich das Konzept, das Porzellan nicht im herkömmlichen Sinne auszustellen, sondern ein komplettes Zimmer damit auszugestalten. Ein Großteil dieser Porzellankabinette wie das Salettl in der Pagodenburg in München oder das Porzellan-Trianon Ludwigs XIV. wurden in Wirklichkeit jedoch nicht mit Porzellan sondern mit Majolikafliesen dekoriert. Der Salon des Capodimonte besticht jedoch durch die Verwendung von echtem Porzellan, das aus der eigenen capodimontischen Manufaktur, der Real Fabrica di Capodimonte, entstammt.

Die Errichtung einer Porzellanmanufaktur wurde durch Maria Amalia von Sachsen, Frau Karls III. unterstützt. Sie brachte die Porzellantradition, ausgehend von der 1710 errichteten Meißner Porzellanmanufaktur, von Sachsen nach Süditalien. Aus ganz Italien wurden Kunsthandwerker nach Neapel gerufen, um bei der Herstellung des Porzellans mitzuhelfen. In den ersten Jahren (genauer Beginn unklar, wahrscheinlich zwischen 1737 und 1740) experimentierte man insbesondere mit der Zusammensetzung der Porzellanmasse und den Farben sowie der Errichtung von Brennöfen. Im Jahre 1743 wurde die Manufaktur in den Garten des Capodimonte verlegt und ging dort in Betrieb. Zu diesem Zeitpunkt muss also die richtige Zusammensetzung der Masse gefunden worden sein.

Salottino di porcellana

Salottino di Porcellana, 1757-59, unter Karl III. und Maria Amalia

Gabinete de porcelana im Palast vom Aranjurez

Das Gabinete de Porcelana im Palacio Real de Aranjuez

Porzellanzimmer Palacio Real

Das Porzellanzimmer im Palacio Real de Madrid

Das Capodimonte-Porzellan ist ein Weichporzellan und grenzt sich damit von den anderen Porzellanerzeugnissen Europas ab. Es ähnelt in seiner Zusammensetzung dem chinesischen Porzellan. Die benötigten Zutaten für die Anmischung des Porzellans fand man in den nahegelegenen Steinbrüchen Süditaliens (hier besonders Feldspat und weiße Tonerde). Das capodimontische Porzellan ist durch aufwändige florale und farbenfrohe Muster und Figuren charakterisiert, die vom Stil des Rokokos inspiriert sind.

Der Porzellansalon gefiel dem Königspaar so gut, dass nach dem gleichen Prinzip weitere Porzellankabinette in ihren Schlössern in Spanien eingerichtet wurden. Im Königspalast von Aranjuez entstand ein Gabinete de Porcelana, das in seiner Ausschmückung stark an den Salon im Capodimonte erinnert und auch im Palacio Real in Madrid wurde ein Porzellanzimmer installiert. Beide Porzellankabinette wurden von Giuseppe Gricci, der auch schon die Arbeit am Salon im Capodimonte übernommen hatten, eingerichtet.

- Sandra Janßen

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weiterführende Literatur

Zur Sammlungsgeschichte der Farnese:

  • Reinhardt, Volker (Hg.): Die großen Familien Italiens, Stuttgart 1992.

  • Riebesell, Christina: Die Sammlung des Kardinal Alessandro Farnese. Ein „studio“ für Künstler und Gelehrte, Weinheim, 1989.

  • Vitali, Christoph (Hg.): Der Glanz der Farnese. Kunst und Sammelleidenschaft in der Renaissance; 2. Juni - 27. August 1995, Haus der Kunst, München, München 1995.

  • Zapperi, Roberto: Die Päpste und ihre Maler. Von Raffael bis Tizian, München 2014.

Zur Geschichte und Sammlung des Capodimonte:

  • Ambrosio, Luisa/Kruse, Petra: Napoli! Meisterwerke aus dem Museo Nazionale di Capodimonte (= Ausstellungskatalog: Napoli! Das Museo Nazionale di Capodimonte, Neapel zu Gast in Bonn, vom 6. Dezember 1996 bis zum 2. März 1997 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn), Köln 1996.

  • Thomas, Robin: The Royal Palace of Capodimonte. The early years; in: Napoli Nobilissima, Vol. 73, Neapel 2016, S. 23-32.

Zu den einzelnen Werken:

  • Katz, Gabriele: Angelika Kauffmann: Künstlerin und Geschäftsfrau, Stuttgart 2012.
  • Müller, Jürgen: Von Kirchen, Ketzern und anderen Blindenführern - Pieter Bruegels d.Ä. Blindensturz und die Ästhetik der Subversion; in: Piltz, Eric (Hg.): Gottlosigkeit und Eigensinn: religiöse Devianz im konfessionellen Zeitalter, Berlin 2015, S. 493-530.

  • Pietsch, Ulrich (Hg.): Zauber der Zerbrechlichkeit: Meisterwerke europäischer Porzellankunst, 11. Mai - 29. August 2010, Stadtmuseum, Berlin, Leipzig 2010.

  • Spinosa, Nicola (Hg.): La collezione Farnese. Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte, Band 1 und 2, Neapel 1994.
  • Uhl, Alois: Papstkinder: Lebensbilder aus der Zeit der Renaissance, Düsseldorf 2003.

Museum : Ein Rundgang durch das Capodimonte