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Barock + Moderne: Teatro di S. Carlo

San_Carlo-Teatro di San Carlo-Innenraum

Teatro di San Carlo, Innenraum

Ausdruck neuer Macht: Das Teatro di San Carlo

Nachdem spanische Truppen 1734 im Rahmen des polnischen Erbfolgekrieges Neapel erobert hatten, übernahm der damals 18jährige Karl von Bourbon, Sohn des spanischen Königs Philipp V., die Herrschaft. Nach einer mehrere Jahrhunderte dauernden Abhängigkeit als tributpflichtige Provinz des spanisch-habsburgischen Weltreiches war Neapel-Sizilien nun wieder ein eigenständiges Königreich und die Großstadt Neapel erlangte den Status einer Hauptstadt.

San_Carlo-Karl von Bourbon, König von Neapel und Sizilien

Giuseppe Bonito: Karl von Bourbon,
König von Neapel und Sizilien;  
Öl auf Leinwand, um 1745;
Museo del Prado, Madrid

Neben umfangreichen Reformen im neapolitanischen Staatswesen zur politischen und wirtschaftlichen Konsolidierung des Landes, die der junge Monarch mit Hilfe seiner Berater einleitete, initiierte er als Ausdruck der neuen Machtverhältnisse im Inneren und zur Etablierung des Königreiches Neapel im europäischen Kontext ein umfassendes Bauprogramm. So entstanden neben den königlichen Palästen von Portici, Capodimonte und Caserta zahlreiche öffentliche Gebäude, welche den König als verantwortungsvolles Staatsoberhaupt im Hinblick auf Armenfürsorge, Landesschutz oder Förderung der Wirtschaft etablierten – Beispiele dafür sind die Reale Albergo dei Poveri, die Quartiere di Cavalleria al Ponte Maddalena oder das Foro Carolino

Eines der bedeutendsten von Karl beauftragten öffentlichen Gebäude ist dem kulturellen Bereich zuzuordnen. Bereits wenige Jahre nach seinem Herrschaftsantritt wurde das Teatro di San Carlo errichtet. Nach einer relativ kurzen Bauphase konnte es am 4. November 1737, dem Namenstag des Königs, mit der Oper Achille in Sciro als königliches Theater eröffnet werden. Mit der Namensgebung „San Carlo“ werden im beginnenden Zeitalter der Aufklärung traditionelle Auffassungen eines geheiligten Königtums geschickt an ein öffentliches säkulares Gebäude gebunden. In diesem Zusammenhang ist auch der Standort des Theaters von großer Bedeutung. Es wurde direkt an den innerstädtischen Palazzo Reale angebaut und somit sichtbar in den höfischen Kontext gebracht.

Die Entscheidung Karls VII., als erstes in einen Theaterbau zu investieren, folgte auch den besonderen Bedingungen in Neapel. Die Stadt hatte im 18. Jhd. überragende Bedeutung im musikalischen Bereich: Konzerte in Adelspalästen, Kirchen und Aufführungen in Theatern wurden europaweit gerühmt für die Qualität ihrer Kompositionen und Darbietungen. An zahlreichen, seit dem 17. Jhd. existierenden Konservatorien wurden Schüler von namhaften Meistern wie Nicola Porpora, Francesco Durante oder Alessandro Scarlatti unterrichtet. Die Stadt besaß eine etablierte Theaterlandschaft und war seit dem 17. Jhd. ein wichtiger Standort für die Entwicklung der Oper. So wirkte beispielsweise der habsburgische Vizekönig Luis Francesco de la Cerda y Aragona, Herzog von Medinacoeli, aufgrund seines Interesses für die Oper als Kunstmäzen und lockte wichtige Protagonisten der Theaterszene wie Ferdinando Galli Bibiena nach Neapel.

San Carlo, Theaterstandorte Neapel, 1. Hälfte 18. Jhd.

Robin L. Thomas: Karte von Neapel mit Theaterstandorten, hervorgehoben vom Autor; Karte: Giovanni Carafa, Duke of Noja, Mappa topografica della città di Napoli e de´ suoi contorni, 1775

Wichtige öffentliche Theater in Neapel waren das Teatro Fiorentini (gegründet 1618), das Teatro San Bartolomeo (von 1620 bis 1737), das Teatro della Pace und das Teatro Nuovo (beide 1724 gegründet). Sie lagen in einiger Entfernung vom Königspalast, was eine Erreichbarkeit mit Kutschen innerhalb der eng bebauten Stadt schwierig werden ließ. Zudem waren diese Theater auch aufgrund ihrer Größe wenig repräsentativ und boten durch die Dimensionen ihres Bühnenraumes nur beschränkte Möglichkeiten für Operninszenierungen. 

Mit der Entscheidung, das Teatro di San Carlo direkt am Palazzo Reale zu positonieren, beabsichtigte Karl VII. unter anderem, den neapolitanischen Adel an seinen Hof zu ziehen. Als junger Monarch aus Spanien bzw. durch seine Herrschaft in Norditalien von außerhalb kommend, war er bestrebt, seine Machtposition vor allem innerhalb der aristokratischen Kreise Neapels zu behaupten und die lokalen Kräfte auf seine Seite zu ziehen. Neben seiner Funktion als Aufführungsstätte musikalischer Werke war das Theater zu jener Zeit vor allem auch Ort der Begegnung. Während der Aufführungen besuchten die Zuschauer einander in den Logen, führten Gespräche und pflegten auf diese Weise soziale Kontakte.

Die Repräsentativität des Teatro di San Carlo wurde vor allem durch seine Größe und seine prachtvolle Innenausstattung erreicht. Während das im Jahr 1724 erbaute Teatro Nuovo über insgesamt 341 Plätze verfügte, konnten im Teatro di San Carlo bis zu 3000 Personen Platz finden. Damit war das Theater zur Zeit seiner Entstehung das größte Europas und zog allein dadurch Besucher aus vielen Ländern an. Neben den Ausgrabungen von Herkulaneum bildete das Teatro di San Carlo einen weiteren Anziehungspunkt, der Neapel als Ziel einer Bildungsreise im europäischen Kontext Attraktivität verschaffte.

 

Das Teatro di San Carlo im Zeitraum 1737 bis 1808

Planungsphase und Vorbilder

Als Architekt für das neue Theater wurde der sizilianische Militäringenieur Giovanni Antonio Medrano beauftragt. Die Ausführung erfolgte unter der Leitung des neapolitanischen Bauunternehmers  Angelo Carasale, der zugleich Impresario des 1724 erbauten Teatro Nuovo war und somit über entsprechende Erfahrungen verfügte. Der Vergleich des von Medrano gezeichneten Grundrisses des Teatro di San Carlo mit dem Grundriss des von Domenico Antonio Vaccaro geplanten Teatro Nuovo zeigt große Ähnlichkeiten im Bereich des Zuschauerraumes und der Treppenanlagen. Beide Architekten, Vaccaro und Medrano, wählten zur optimalen Raumnutzung im Bereich des Publikums die Hufeisenform. In der Planungsphase wurden aber auch Beispiele moderner Theaterbauten anderer italienischer Städte herangezogen. So ließ man die Pläne des römischen Teatro Argentina (erbaut 1732) und des veronesischen Teatro Filarmonico (erbaut 1716-1732) kommen, um sie zu studieren.

Konstruktion und Ausstattung

Die Konstruktion und Ausstattung der ersten Version des Teatro di San Carlo konnte in der Forschung nur anhand von überlieferten Grund- und Aufrissen sowie ikonographischen Darstellungen rekonstruiert werden, die nach der Vollendung des Bauwerkes angefertigt wurden.

San Carlo, Grundriss, Unbekannt

Grundriss des Teatro di San Carlo; 

unbekannter Zeichner

So zeigt ein von einem unbekannten Zeichner erstellter Grundriss einen Eingangsbereich mit Zugängen zu drei voneinander getrennten Treppen, die in eine querliegende Galerie münden. Von dieser aus gelangten die Besucher zu den einzelnen Rängen und in das Parkett. Diese Anlage sowie zahlreiche weitere Nebenräume sind in Medranos  Entwurfszeichnung nicht enthalten. Da der später entstandene Grundriss Übereinstimmungen mit der Darstellung der Theaterfront in einem Ölgemälde von etwa 1756 bis 1758 des Bühnenbildners Antonio Joli zeigt, ist davon auszugehen, dass der frühere Entwurf in der Ausführung variiert wurde.

Eine weitere Quelle für die Rekonstruktion des Innenraumes bildet ein Folioband von Vincenzo Re, der ab 1740 als Bühnenbildner am Teatro di San Carlo wirkte. Seine Dokumentation aufwändiger Festdekorationen anlässlich der Feierlichkeiten zur Geburt des ersten Sohnes von Karl VII. und Maria Amalia von Sachsen im Jahr 1747 lassen auch die baulichen Strukturen des Theaters nachvollziehen. Neben weiteren zeitgenössischen Abbildungen des Innenraumes ergänzen überlieferte Beschreibungen von Reisenden aus verschiedenen Ländern Europas die ikonographischen Quellen.    

San Carlo, Spaccato del Regio Teatro di San Carlo adornato per Festa di Ballo, Vincenzo Re, 1747

Vincenco Re: Spaccato del Regio Teatro di San Carlo adornato per Festa di Ballo. Aus Narrazione delle Solenni reali feste, Neapel, 1749

San Carlo, Interno del Teatro, Michele Foschini

Michele Foschini: Interno del Teatro,
vor 1767, Öl auf Leinwand,
Museo Nationale San Martino, Neapel

Im Teatro di San Carlo bauten sich über der Hufeisenform des Zuschauerraumes sechs Ränge mit jeweils 28 Logen in den beiden unteren bzw. 30 in den vier oberen Rängen steil auf. Die Königsloge befand sich gegenüber der Bühne und war doppelt so breit und hoch wie die übrigen, was die Rolle des Monarchen entsprechend betonte. Hinter der Königsloge befand sich ein Raum mit einem Lichtdom, womit dem Monarchen ein von außen nicht einsehbarer Rückzugsbereich zur Verfügung stand.

Die Bühnentiefe entsprach etwa der Tiefe des Zuschauerraumes, was die Installation von aufwändiger Bühnentechnik mit zahlreichen beweglichen Kulissen ermöglichte und den Entwicklungen im Bereich der Operninszenierung entsprach. Das vor 1767 entstandene, im Museo di San Martino in Neapel befindliche Gemälde Interno del Teatro di San Carlo von Michele Foschini vermittelt einen Eindruck von der Innenausstattung des Opernhauses während einer Aufführung. Zu erkennen ist neben einem gut gefüllten Zuschauerraum und dem auf große räumliche Tiefe angelegten Bühnenbild der schlicht gehaltene Proszeniumsbogen mit dem königlichen Wappen am Scheitelpunkt. Der Theatervorhang verweist in seiner roten Farbigkeit mit einer weiß-schwarzen Bordüre auf einen mit Hermelinpelz verbrämten Königsmantel, womit an zentraler Position an den Auftraggeber des Theaters erinnert wird.

Zwischen 1742 und 1797 wurden zahlreiche Renovierungsmaßnahmen im Theater durchgeführt, welche dazu dienen sollten, die mangelhafte Raumakustik zu verbessern, sich dem geänderten Zeitgeschmack anzupassen und den veränderten Erfordernissen im Hinblick auf die Bühnentechnik zu entsprechen. Leiter dieser verschiedenen Maßnahmen waren der Bühnenbildner Giovanni Maria Bibiena (1742), der Architekt Ferdinando Fuga (1768) sowie der Bühnenbildner Domenico Chelli (1797). Häufig bildeten Feierlichkeiten des Königshauses Anlass, dem Theaterinnenraum einen angemessenen festlichen Rahmen zu geben. Schriftlichen Überlieferungen zufolge wirkten sich nicht alle Maßnahmen vorteilhaft und verbessernd auf den Raum aus – was zeigt, dass im sich entwickelnden Theaterbau ständig neue Erfahrungen gesammelt werden mussten.

Das Teatro di San Carlo ab 1808

Mit der französischen Besetzung Süditaliens ab 1805/06 kam es zu politischen Veränderungen, die wiederum Auswirkungen auf die architektonische Gestaltung innerhalb Neapels zeigten. Im Zuge der Einführung einer konstitutionellen Monarchie wurden u.a. kulturelle Institutionen an die Öffentlichkeit übergeben, wozu neben Bibliotheken und Museen auch das Teatro di San Carlo gehörte.

San Carlo, Prospetto del Teatro di San Carlo, Antonio Niccolini

Antonio Niccolini:
Ansicht des Teatro di San Carlo, um 1808

Unter Joachim Murat, 1808 von Napoleon zum König von Neapel eingesetzt, wurde so vom Architekten Antonio Niccolini ein Umbau des Teatro di San Carlo geplant. Trotz räumlicher Enge innerhalb der Straße fügte dieser dem Theater einen Vorbau an, womit er im Inneren neue Räumlichkeiten und außen eine repräsentative Fassade schuf. Diese öffnete das Gebäude stärker dem städtischen Umfeld und symbolisierte zugleich dessen Funktion. – Nach Franco Mancini (1987) wurde Niccolinis klassizistischer Bau nach seiner Entstehung dafür gelobt, dass er den Charakter der Nutzung, für die er bestimmt ist, konturiere, Solidität, Komfort und Eleganz in sich vereine und die Schönheit der Hauptstadt unterstreiche. Der Umbau bezog sich auch auf den Theatersaal. Dort erreichte Niccolini eine Verbesserung der Sichtverhältnisse, indem er die Ebene im Parkett nach hinten schräg anhob und die Sitzreihen in leichtem Bogen anordnete. Dem Eindruck der großen Raumhöhe wirkte Niccolini mit Eingriffen in die Dekoration des sechsten Ranges entgegen; ebenfalls erfolgte wieder eine Renovierung des Innenraumes.

Die Bemühungen dieses Umbau- und Renovierungsprogrammes fielen nur wenige Jahre später, am 13. Februar 1816, einem Brand zum Opfer. Lediglich Niccolinis Anbau konnte gerettet werden und stellt heute den ältesten Teil des Theaters dar. Die übriggebliebenen Mauerstrukturen bildeten den Bauplan für den Wiederaufbau des Hauses, der unter der Leitung Niccolinis innerhalb weniger Monate erfolgte.

Beschreibung des Portikus und des Theatersaales 

Portikus

Der Portikus der Hauptfassade des Teatro di San Carlo gliedert sich in drei Zonen. Das Sockelgeschoss wird von einer Loggia mit fünf Bögen gebildet, die zu ihrer Entstehungszeit auch als Wagendurchfahrt fungierte. Die derbe Rustica-Gliederung verweist auf Bauten der italienischen Frührenaissance; als klassizistischer Vergleichsbau kann die Villa Medicea del Poggio Imperiale in Florenz herangezogen werden, die um 1807 für Elisa Baciocchi Bonaparte, Schwester Napoleons und damalige Großherzogin von Toskana, modernisiert worden war.

Im Obergeschoss wirkt eine Kolonnade mit vierzehn ionischen Säulen kontrastierend zur Solidität des schweren Sockels. Hinter den Säulen befindet sich die verglaste Fensterfront des Foyers. Mit diesen architektonischen Elementen schuf Niccolini eine transparente Verbindung zwischen dem Innen- und Außenraum des Theaters. Die ionischen Kapitelle sowie die reliefartigen Lorbeerkränze, die das Gebälk oberhalb zieren, verweisen zudem auf die kulturelle Funktion des Gebäudes. Die breite Balkonöffnung der Kolonnade wird an den Enden von massivem Quaderwerk eingefasst.

Den oberen Abschluss des Portikus bildet eine schwere Giebel-Attika mit zwei Akroterien. Die Spitze des flachen Dreiecks wird von einer Figurengruppe gekrönt: Partenope zwischen Genien der Komödie und Tragödie in antiker Kleidung. Symbolisiert werden die Bürger der Stadt, die im Theater verschiedene Arten von Unterhaltung genießen können.

Theatersaal

Beim Wiederaufbau des Gebäudes nach dem Brand wurden die ursprünglichen Grundmaße übernommen. Sie betragen für das Bühnenhaus ca. 33 x 34 Meter und für den Zuschauerraum ca. 26 x 22 Meter. Der Zuschauerraum erhielt wieder seine Hufeisenform, sechs Ränge und etwa 3000 Plätze. Seine klassizistische Dekoration präsentiert sich heute in der Fassung, die 1841 unter der Leitung von Antonio und Fausto Niccolini sowie F. M. Giudice geschaffen wurde. Die Brüstungen der Ränge tragen reichen Reliefschmuck, der auf eine hellenistische antike Ornamentik zurückgeht. In rhytmischen Abständen wird dieser von figürlichen Reliefs unterbrochen, die u.a. Allegorien von Theater und Musik darstellen. Die Farbigkeit der Dekorationen ist in einem gebrochenen Weißton mit reichem Gold- und Silberschmuck gehalten und wird durch einen schwarzen Hintergrund betont. Im Kontrast zur Farbigkeit der Brüstungen tragen die textilen Wandbespannungen im Inneren der Logen, die Samtbezüge der Sitzmöbel sowie der Theatervorhang einen tiefen Rotton. 

San Carlo, Innenraum, Deckengemälde

Deckengemälde im Saal; 
Entwurf von Antonio Niccolini

Die Deckenmalerei in Form eines illusionistisch dargestellten Stoffdaches mit Öffnung zum Himmel setzt sich von der Deckenkehle ausgehend mit einer Stoffschabracke fort, welche die Logenöffnungen im sechsten Rang zu etwa einem Drittel verdeckt. Diese optische Intervention in die Architektur verleiht dem Zuschauerraum mehr Leichtigkeit. Das von Frantz Hille, Gaspare Mugnai sowie Giuseppe und Anselmo Camarano ausgeführte Deckengemälde „Apollo präsentiert Athena die größten Dichter der Welt – von Homer bis Alfieri“ wurde ebenfalls von Antonio Niccolini entworfen und wiederholt das beim Brand zerstörte frühere Gemälde.

Zur Raumwirkung und Funktionalität

Der Innenraum in seinem heutigen Zustand wirkt sehr prachtvoll und trotz der üppigen Dekoration in Gold und Silber nicht überladen. Dies liegt wohl am strengen Ordnungsraster, welches sich durch die Struktur der Logen und Brüstungsbänder im Raum ergibt. Zudem ist die klassizistische Ornamentik mit ihren geometrischen und abstrahierten Formelementen vorherrschend. Reliefs mit figürlichen oder pflanzlichen Elementen werden streng gerahmt und ordnen sich dadurch unter. Einzig die Königsloge kontrastiert in ihrem bewegten plastischen Schmuck. Beruhigend auf die Formenfülle innerhalb des Theatersaales wirkt auch die konsequente Farbigkeit in Altweiß mit Gold und Schwarz sowie Rot. 

Im Hinblick auf die Sichtverhältnisse kann die Konstruktion eines Logentheaters jedoch heute nicht mehr überzeugen. So ist der freie Blick auf die Bühne selbst aus einer ihr direkt gegenüber gelegenen Loge nicht vollständig gegeben, sobald man nicht in der ersten Stuhlreihe sitzt. Die Neigung der Trennwand zur nächsten Loge schafft einen toten Winkel, obwohl sie an dieser Position nur sehr leicht ist. Je weiter seitlich eine Loge innerhalb es Zuschauerraumes positioniert ist, umso stärker tritt dieser Effekt ein. – Dies verweist auf den Wandel der Funktionalität des Theatergebäudes seit seiner Entstehungszeit in der ersten Hälfte des 18. Jhdts. vom Ort gesellschaftlicher Repräsentation mit privaten Logen zu einem Ort, an dem die Rezeption künstlerischer Darbietungen im Vordergrund steht und gute Sichtverhältnisse wichtig sind. Diese aus unserer heutigen Sicht mangelhafte Funktionalität des Logentheaters lässt nachempfinden, weshalb dieser Typus seit Ende des 18. Jhdts. mit dem Erstarken des Bürgertums wieder abgelöst wurde. Dennoch ist das Erlebnis einer Opernaufführung im Teatro di San Carlo sehr eindrucksvoll, wozu neben dem beschriebenen Ambiente auch die sehr gute Akustik des Raumes beiträgt.

Text: Evelyn Gläser

Literatur:

Ciapparelli, Pier Luigi: Theatergebäude und provisorische Bühnen. In: Francesco Cotticelli und Paologiovanni Maione: Musik und Theater in Neapel im 18. Jahrhundert. Kassel 2010.

Gittermann, Alexandra: Die Ökonomisierung des politischen Denkens. Neapel und Spanien im Zeichen der Reformbewegungen des 18. Jhds. unter der Herrschaft Karls III., Stuttgart 2008

Hammitzsch, Martin: Der moderne Theaterbau, Berlin 1906.

Mancini, Franco: Il Teatro di San Carlo 1737-1987 - La storia, la struttura. Electa Napoli, 1987.

Pisani, Salvatore; Siebenmorgen, Katharina (Hg): Neapel. Sechs Jahrhunderte Kulturgeschichte, Berlin 2009.

Thoenes, Christof: Neapel und Umgebung, Stuttgart 1983.

Thomas, Robin L.: Architecture and Statecraft. Charles of Bourbon‘s Naples 1734-1759,
The Pennsylvania State University Press, 2013.

Werner, Eberhard: Theatergebäude, Berlin 1954.